Montag, 31. Dezember 2012

Wie läutet der Kleeblatt-Schrankenantrieb der Südbahnwerke?

Im letzten Posting zum Kleeblattantrieb (oder eigentlich "Vorläutewerk") ist in den Kommentaren die Frage aufgetaucht, wie das funktioniert, dass vor dem Schließen des Schrankens die Glocke schlägt, nicht aber beim Öffnen. Die entsprechende Mechanik habe ich auch noch nie "live" gesehen. Man kann sie aber, wenn man Konstruktionszeichnungen lesen kann, direkt aus der alten Zeichnung im Röll entnehmen. Weil aber Animationen so ... belebend sind, habe ich mir die Zeit gegönnt, dafür auch noch eine zu fabrizieren!

Hier ist zuerst der Ausschnitt aus der Zeichnung im Röll, wobei ich die wichtigen Teile eingefärbt habe:
  • Das Vorläuterad ist grün.
  • Ein kleiner waagrechter Hebel ist hellblau, mit einem dunkelblauen Quersteg.
  • Daran ist ein kleiner senkrechter Hebel mit einem Rad unten montiert, der ebenfalls blau ist. Gemeinsam bilden die zwei blauen Hebel einen "Doppelhebel".
  • Und nach oben geht der Stößel, der die Klöppel an die Glocke schlagen lässt.


Die folgende Animation zeigt den Zusammenbau der Teile des ganzen Läutewerks:




Nun beginnen wir mit dem Schließen des Schrankens:
  • Der Doppelhebel wird durch die steigende Flanke jedes Vorläutezahns nach oben gehoben.
  • Auf der fallenden Flanke jedes Zahns "klappt er ein" und lässt dadurch den Stößel herunterfallen.
  • Die Klöppel schwingen dadurch nach außen, federn ein wenig durch und schlagen an die Glocke. Durch ihr Zurückfedern berühren sie die Glocke gleich darauf nicht mehr, sodass diese frei schwingen kann und kraftvoll tönt.
  • Beim jedem weiteren Zahn wiederholt sich das Spiel.




Beim Öffnen des Schrankens hingegen läutet die Glocke nicht:
  • Jeder Zahn schiebt den unteren Teil des Doppelhebels nach rechts.
  • Aber sonst passiert nichts – der obere Teil des Doppelhebels bewegt sich nicht (oder kaum), dadurch wird der Stößel nicht bewegt.




Wieso hört man manchmal auch beim Öffnen einen einzelnen Glockenschlag? Der Doppelhebel kann bei geschlossenem Schranken ziemlich weit oben auf einem Zahn stehen. Das Anlaufen des Vorläuterads erfolgt nicht gleichmäßig, sondern der Drahtzug spannt sich und reißt es dann ziemlich los (das sieht man auf dem Video aus dem letzten Posting beim Schließen). Dadurch fällt der Doppelhebel doch ziemlich schnell über die fallende Flanke des Zahns nach unten und kann dadurch noch einen Schlag auslösen – der aber manchmal auch deutlich leiser ist als die eigentlichen Vorläuteschläge, weil der Stößel samt Doppelhebel nicht frei fällt, sondern der Hebel eben über die fallende Flanke des Zahnes nach unten läuft.

Nun habe ich, glaube ich, alle Geheimnisse des Kleeblattantriebs (oder eigentlich Kleeblatt-Vorläutewerks) aufgedeckt. Leider sind nur mehr wenige dieser Apparate in Betrieb – bald werden sie alle abgebaut sein, und diese nette mechanische Problemlösung ist dann, wie so viele andere Mechaniken, für immer verschwunden.

Update: Hier habe ich nun einige Videos und Fotos eines solchen Schrankenantriebs in Fels am Wagram gepostet.

1 Kommentar:

  1. Tolle Dokumentation. Nicht jeder Vorläuteapparat läutet gleich laut beim Schließen. Es gibt Vorläuteapparate, wo beim schließen die Klöppel weniger bewegt werden als bei anderen. Das hängt aber nicht unbedingt mit der Lautstärke zusammen. Ich habe auch schon gesehen, dass die Klöppel beim nach außen federn nicht immer an die Glocke anschlagen.

    Beim öffnen habe ich auch wie schon in einem anderen Kommentar erwähnt Glockenschläge gehört, unmittelbar nach dem sich die Balken gehoben haben, bevor durch das Sperrstück sich die Baumscheiben von der Antriebsscheibe löst. Das kann vor allem dann auftreten, wenn der Schranken schnell geöffnet wird

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